Page 39 - Willy Blaser - Trekking zu den Ganges-Quellen
P. 39
Anderthalb Stunden später sind wir bei der Bergstation angelangt. Wer weiter hinauf Richtung
Kuari-Pass will, muss 60 Rupien für den Eintritt in den Nanda Devi Nationalpark bezahlen. Die
meisten indischen Touristen verweilen nur kurz und fahren mit der nächsten Kabine wieder
hinunter. Eine Gruppe Soldaten des naheliegenden Army Camps führt gerade eine Übung
durch. Es geht darum, wie schützt man Zivilisten vor Terroristen! Indische Touristen welche
gerade mit der Gondelbahn angekommen sind, dienen als Statisten. Einige Petarden
explodieren, daraufhin rennen zwei Soldaten den Hang hinunter wo zwei weitere Statisten
stehen. Sandesh erklärt uns die Handlung: „Jetzt haben sie die Terroristen verhaftet!“ Wir
steigen weiter auf. Sandesh ist heute furchtbar langsam und liegt stets zurück. Er klagt über
Magenbeschwerden. Tja, bei der Portion die er heute beim Frühstück gegessen hat,
verwundert mich dies nicht. Wir durchqueren einen Wald. Oberhalb davon treffen wir wieder
weite, grüne Weiden an. Das Panorama wird zusehends spektakulärer. Fetzten von
Schneeflecken bedecken die Weiden. Plötzlich stehe ich inmitten kleiner Enzianen, ja sogar
einzelne Edelweisse gibt es hier. Wo sind wir eigentlich hier, in Indien oder in der Schweiz? In
Garso Top auf etwa 3500 Meter lassen wir uns nieder und geniessen die Aussicht. Gegenüber
Joshimath, leicht erkennbar der klobige Klotz des Mana Peaks (7272 m). Unweit davon sollten
auch der Kamet (7756 m), angeblich eine kleine weisse Pyramide, sowie der Nilkath (6600 m)
ersichtlich sein. Ich kann die beiden leider nicht eruieren. Sofern das Wetterglück anhält,
werden wir diesen morgen in Badrinath sehen können. Sehr schön erkennbar dagegen die
beiden Gipfel des Ghauri-Parbat (6714 m) und des Hathi Parbat (6727 m) Der Erstere wurde
am 18. August 1939 durch André Roch, Fritz Steuri und David Zogg Erstbestiegen. Rechts
davon steht der Barmal Peak (5813 m). In unserem Rundblick weiter nach rechts fahrend
kommt mit dem Dunagiri (7066 m) ein weiterer 7000er ins Blickfeld. Dieser wurde am
5.7.1939 von den gleichen Expeditionsteilnehmern wie am Ghauri-Parbat Erstbestiegen. Mit
Stolz weise ich die indischen Touristen darauf hin. Weiter rechts, durch das Rishi Ganga Tal
getrennt, strahlt der Nanda Devi. Schon 1883 war mit Emil Boss ein Schweizer Bergführer in
diesem Gebiet! Und im gleichen Jahr erkundete Johann Jaun den Zugang zum Nanda Devi.
Welch grossartige Leistungen diese damals vollbracht haben. Schon nur die Anreise muss ein
grosses Abenteuer gewesen sein. Inzwischen ist es 14.00 Uhr. Die ersten Wolken kommen auf.
Während vollen zwei Stunden geniessen wir dieses einmalige Panorama.
Bild rechts: Mana Peak (7272 m)