Page 28 - Willy Blaser - Solo Khumbu, Wiedersehen nach 33 Jahren
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links: Pumori (7161 m ) – Bild rechts: Tokhla (Kreis) und Sherpa Friedhof (Pfeil) mit Lobuche Peak
Eine unendliche Kolonne von Trekkern hat sich ebenfalls auf den Weg gemacht. Diese wollen
alle nach Lobuche (4910 m). Ich komme ganz gut vorwärts und nach einer Stunde sind wir
oben. Es weht ein eiskalter Wind. Nigma, mit seiner dünnen hellbraunen Jacke kommt mir wie
ein Sonntagsspaziergänger vor. Während die meisten Trekker den Friedhof nur beiläufig
wahrnehmen, verbringe ich dort oben mehr als eine Stunde mit Fotografieren.
Aufstieg zum Tokhla Pass
Der sogenannte „Sherpa-Friedhof“ ist kein eigentlicher Friedhof. Es ist eher eine rituelle
Stätte. In den etwa dreissig Chorten befindet sich die Asche von Verstobenen. Bei den hier
Eingeäscherten handelt es sich um Sherpas die alle frühzeitig durch Unfälle aus dem Leben
gerissen wurden. Durch diese abrupte Verkürzung des Lebens, wird im Buddhismus die
Reinkarnation problematisch. „Wir Sherpas glauben, dass ein Überrest des lebenden
Menschen sich noch einige Zeitlang in der Leiche befindet. Bleibt ein Toter ohne richtiges
Totenritual zurück, kann sein Geist umherwandern und sogar Schaden anrichten“ erzählt Ang
Kami Sherpa, Manager der Trekkingagentur Matterhorn Treks & Expedition. Es werden daher
Lamas und Mönche benötigt, um den Verstorbenen rituell zu bereinigen um ihnen eine
günstige Wiedergeburt zu sichern. Die Sherpas glauben auch, dass die Menschen nach ihrem
Tode ihre Individualität verlieren. Die Schreine sind daher nicht mit Namen versehen. Der Ort
wurde 1970 durch den Lama von Tengboche auserlesen und geweiht, nachdem anlässlich
einer japanischen Expedition sechs Sherpas durch eine Lawine ums Leben kamen.