Page 37 - Willy Blaser - CVReise
P. 37
Freitag, 14.1.
Wir fahren auf der Hauptstrasse nach Mombasa bis Emali. Von dort zweigen wir rechts ab.
Wenn die Sicht klar ist, kann man von hier den Kilimandjaro mit seiner Schneekappe sehen.
Die Strasse, unasphaltiert, wird zusehends schlechter. Da wir pro Auto nun drei Personen sind,
muss abwechslungsweise immer einer im Gepäckraum auf dem Reserverad sitzen. Unser Weg
führt am Amboseli Nationalpark vorbei. Für einen Besuch reicht die Zeit leider nicht, denn wir
müssen so schnell wie möglich in Loitokitok eintreffen um die letzten Formalitäten für die
Besteigung zu erledigen. Mr. Singh, der Organisator solcher Touren, ist leicht zu finden.
Jedermann im Dorf kennt ihn. Da der Gipfel des Kili auf tansanischem Boden liegt, dürfen wir
nicht so einfach über die Grenze. Wir brauchen ein „Laisser-passer“. Mr. Singh kennt sich da
natürlich bestens aus und hat auch einige Beziehungen zum tansanischen Grenzposten. Ohne
Schwierigkeiten stellt man uns das Papier aus, gegen Bezahlung natürlich! Auf dem Rückweg
nach Loitokitok müssen wir auch noch Ambulanz „spielen“. Ein Junge hat sich mit dem
Buschmesser ins Bein gehauen und hat eine tiefe Wunde.
Samstag, 15.1.
Wir stehen vor dem Start zu unserem grossen Ziel. Mit knapp 6000 Meter erhebt sich das
dreigipfelige Massiv des Kilimandjaro über der weiten Savannenlandschaft Ostafrikas. Über
seine genaue Höhe gingen über viele Jahre die Meinungen auseinander. Lange wurde die
Höhe mit 6010 Metern angegeben, heute ist allgemein die Zahl 5895 gültig. Der
schneebedeckte Gipfel, irrtümlicherweise als Kilimandjaro bezeichnet, ist der Kibo. Für die
meisten Bergsteiger, für uns auch, ist der Gillman’s Point (5681 m) am Kraterrand das Ziel der
Besteigung. Nur die wenigsten folgen dem Kraterrand bis zum höchsten Punkt, dem Uhuru
Peak. Links vom Kibo liegt der 5149 m hohe Mawenzi Peak. Dieser ist vom Kibo durch einen
weiten Sattel getrennt. Es ist ein steiler, zerklüfteter Berg aus brüchigem Gestein. Der letztere
der drei Gipfel, der Shira, ist mit seinen 3944 Metern ziemlich unbedeutend.
Es ist noch Dunkel als wir starten. Mr. Singh begleitet uns einige Kilometer, schlägt dabei ein
solches Tempo an, dass wir beinahe rennen müssen. Unsere Bergtouren in der Schweiz haben
klar ergeben, dass ich der Schwächste der Gruppe bin. Ich erhalte daher den leichtesten
Rucksack, dieser wiegt aber immer noch etwa 14 Kilos. Die ersten Sonnenstrahlen beleuchten
den Kibo. Nach zwei Stunden Marsch wird der Weg zu einem schmalen Pfad in
dschungelähnlichem Wald. Einige Male verlieren wir den Weg und müssen wieder zurück. Je
höher wir kommen, desto niedriger wird der Wald. Nach zehn Stunden erreichen wir
mannshohes Farngras und kommen in eine alpenartige Gegend mit vielen kleinen Sträuchern
und moosigem Boden. Eigentlich sollten wir unser 1. Biwak bei der 3rd cave erstellen, doch für
heute ist genug. Wir sind auf ca. 3200 m ü.M.