Page 3 - Willy Blaser - Philippinen
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wird geräumt. Welch ein Glück. Nur kurze Zeit später bricht der mittlere Dachteil ein. Mäch-
tige Felsbrocken wälzen sich das Flussbett des Abacan River herunter, zerstören Brücken und
reissen ganze Dörfer mit sich. Am darauffolgenden Morgen ist alles weiss, wie eine Schnee-
landschaft. In den Gedächtnissen von Millionen von Menschen wird dieser Tag für immer als
«black Saturday – der schwarze Samstag» in Erinnerung bleiben.
Auch in den nachfolgenden Jahren nach dem grossen Ausbruch kam es zu weiteren sekundä-
ren Explosionen. Beinahe wöchentlich spuckte der Berg grosse Mengen von Sand aus. Nach-
mittags wurde es so dunkel, dass die Autos mit Scheinwerferlicht fahren mussten. Der feine
Sand war überfall vorzufinden, setzte sich in den kleinsten Ritzen fest, sogar zwischen den
Zähnen! Es kam zu erheblichen gesundheitlichen Schäden, vor allem Leute mit respirato-
rischen Problemen.
Bilder © USGS: Am darauffolgenden Morgen ist alles weiss, wie eine Schneelandschaft
Der Zorn des Gottes Apo Namaljari
Am schlimmsten vom Ausbruch des Pinatubo getroffen wurde der Stamm der Ureinwohner
der Philippinen, die Aetas. Um sich von den ankommenden spanischen Kolonisatoren zu
schützen, zogen sich die meisten in die Zambales Berge zurück und lebten dort seit Jahrhun-
derten auf den Hängen des Vulkans von der Jagd und Agrikultur. Sie unterscheiden sich leicht
von den Filipinos. Aetas sind kleinwüchsig, haben lockiges, krause Haar und dunkle Hautfar-
be. Den Grund weshalb es zu dieser Eruption kam, weisen sie den ausländischen Bergbau-
unternehmen zu, welche damit ihr Berggott Apo Namaljari beleidigt haben. «Unser Gott hat
sich dafür gerächt. Lasst den Berg in Ruhe, wenn nicht, werde wir alle sterben» Etwa 30`000
Aetas lebten vor dem Ausbruch in Dörfern und kleinen Ansiedlungen rund um den Berg. Sie
waren die ersten, die aus der Gefahrenzonen evakuiert wurden. Die meisten verliessen ihre
Dörfer freiwillig als im April die ersten Eruptionen begannen. Etliche davon weigerten sich
jedoch ihr angestammtes Wohngebiet zu verlassen und versteckten sich in Höhlen. Etwa 500
Aetas kamen so ums Leben. Es kam zu dramatischen Zwangsevakuationen. Die meisten da-
von wurden von der Regierung in tiefer gelegenen Gebiete umgesiedelt.
Existenz der Aetas vernichtet
Durch die fast vollständige Zerstörung des Waldes und der restlichen Vegetation wurde die
Existenzgrundlage der Aetas vernichtet. Für die umgesiedelten Aetas bedeutete dies eine
drastische Umstellung ihrer Lebensweise. Es dauerte einige Jahre, bis die Ersten nach und
nach wieder zu «ihrem» Berg zurückkamen. Zehn Jahre nach dem Vulkanausbruch besuchte
ich die Aeta-Siedlung, Target Village. Einige Tausend Familien hatten sich inzwischen in ähn-
lichen Siedlungen niedergelassen. Nebst der ungewohnten Umgebung hatten sie vor allem
Probleme mit der Ernährung. Aetas essen selten Fleisch und Fisch, viel lieber ernähren sie